Echtzeitstadt – eine neue Forschungsstelle der TH Köln

Die sensuelle Erfahrung von Stadt spielt eine zentrale Rolle für die Konstruktion von Gesellschaft und Öffentlichkeit. Die Entwicklung von Stadt und Gesellschaft beginnt mit der Frage, wie Wahrnehmungen urbaner Räume und Situationen strukturiert werden. Die Art, wie wir Stadt wahrnehmen, verstehen und produzieren, wird in besonderer Weise von den medientechnologischen Verschiebungen des 20. und 21. Jahrhunderts geprägt. Anhand von Fallstudien untersuchen die Forschenden exemplarische Stadtkonfigurationen, um die dichte Verschränkung sinnlicher Wahrnehmungen, kommunikativer Prozesse und räumlich-technologischer Umwelten aufzuzeigen und zu analysieren. Wie beeinflussen neue Verfahren der Visualisierung und der Verräumlichung von Daten Wahrnehmung, Denken und Handeln? Wie bestimmen sensorische Netzwerke die Imagination und Konstruktion von Räumen? Welche physisch-digitalen Environments und Strukturen können entwickelt werden, um bisher nicht erfasste Potenziale des Urbanen freizulegen und die Stadt als Lebens- und Zivilisationsmodell neu zu denken? Was bedeuten Ansätze wie „Participatory Sensing“ für die Entwicklung alternativer Vorstellungen über Teilhabe und Diversität? Diesen und anderen Fragen widmen sich die Forschenden aus unterschiedlichen Perspektiven.

„Echtzeitstadt“ ist ein Zusammenschluss aus Design, Architektur, Kultur- und Technikwissenschaften. In dieser transdisziplinären Arbeitsgruppe werden Projekte problemorientiert behandelt und thematisch wie methodenorientiert gebündelt. Analyse und Synthese, Historisierung und Experimentalisierung sowie Materialisierung und Virtualisierung erfahren hierbei eine enge Verschränkung. Ziel ist es, Methoden zu schärfen und Werkzeuge zu formen, mit denen sensorische und semiotische Verknüpfungen von Stadt, Technik und Menschen erfasst und entwickelt werden können.

Die Forschungsstelle richtet sich an drei thematischen Schwerpunkten aus:

1. Bildoperationen im öffentlichen Raum
Neue Visualisierungspraktiken lenken und gestalten Wahrnehmung, Bewegung und Orientierung im physischen Raum und etablieren ein verändertes Verhältnis zwischen Bild und Handlung. Der Schwerpunkt untersucht dieses Gefüge von Anschauung, Operativität und Bildlichkeit in Bezug auf städtische Räume und Öffentlichkeiten.

2. Mobile Strukturen, digitale Raumpraktiken
Ziel dieses Schwerpunktes ist es, Stadt durch veränderte Mobilitätsstrukturen und -prozesse zu erfahren und zu entwickeln. Dem zugrunde liegt ein breites Verständnis von Mobilität als Beweglichkeit von Personen, Gütern, Informationen und Energien im physischen wie digitalen Raum.

3. Urbane Systeme, Kommunikationen und Zeichen
Im Fokus des dritten Schwerpunktes stehen die Erforschung und Gestaltung des Verhältnisses von urbanen Identitätskonstruktionen und Sprache, von Raumsemantiken und Zeichenkomplexen, die sich mit semiotischen, systemischen und kulturellen Kategorien bestimmen lassen.

Kollaborateur*innen:
Prof. Dr. Carolin Höfler | Designtheorie und -forschung (Sprecherin)
Prof. Philipp Heidkamp | Interface / Interaction Design
Prof. Andreas Wrede | Design und Identität

Assoziierte:
Prof. Dr. Matthias Böhmer, Fakultät für Informatik und Ingenieurwissenschaften
Prof. Marco Hemmerling, Fakultät für Architektur

weitere Informationen

Projekte
Die unsichtbare Stadt
Beyond the Senses
Arrival City

Publikationen
Carolin Höfler: „On-site, On-line. Der Platz als physischer und medialer Raum der neuen Protestbewegungen“, in: Elmar Kossel, Brigitte Sölch (Hrsg.): Platz-Architekturen. Kontinuität und Wandel öffentlicher Stadträume vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart (Italienische Forschungen des Kunsthistorischen Institutes in Florenz, I Mandorli 24). Berlin: Deutscher Kunstverlag 2018, S. 343–363. [mehr]

Carolin Höfler: „Modelloperationen. Zur Formierung gesellschaftlicher Wirklichkeiten“, in: Christoph Rodatz, Pierre Smolarski (Hrsg.): Was ist Public Interest Design? Beiträge zur Gestaltung öffentlicher Interessen. Berlin: transcript 2018, S. 283–311. Open Access

Carolin Höfler: „Stadt und Screen – Der öffentliche Raum in der digitalisierten Moderne. Carolin Höfler im Gespräch mit Frank Raddatz“, in: Frank Raddatz, Sonja Rothweiler: Performative Strategien I – Acting Cities, dt./engl., hrsg. v. der Kunststiftung NRW. Berlin: Alexander 2016, S. 15–33. [mehr]