KISD _TH Köln | Methods Lab | Sommer 2020 & 2021
Knowing [by] Designing
Forschen und Gestalten sind experimentelle Vorgehensweisen, die darauf ausgerichtet sind, etwas Neues hervorzubringen. Sie haben beide Projektcharakter, denn sie führen an einen Nullpunkt des Wissens. Doch welche Strategien und Verfahren sind es, die Vermutungen und Ideen in konkrete Gestaltungen übersetzen?
Gestalterische Lern- und Forschungsprozesse fordern ein tradiertes Methodenverständnis heraus: Sie changieren zwischen regelgeleitetem Vorgehen und dessen beständigen Überschreiten. Sie enthalten Unschärfen und unterliegen doch dem Zwang zu Präzision und Explizierung. Designforschung oszilliert zwischen Analyse und Synthese und ist auf etwas ausgerichtet, das zunächst nur als Möglichkeit existiert. Daher setzt die Tätigkeit von Designforschenden nicht erst in einer Phase ein, in der exakt umrissene Probleme standardisierten Lösungen zugeführt werden, sondern beginnt mit der Problemkonstruktion. Die verwendeten Methoden sind dementsprechend keine starren Prozessmodelle, vielmehr beschreiben sie experimentelle Wege, das noch nicht Existierende hervorzubringen und gleichzeitig das eigene gestalterische Denken und Handeln in Frage zu stellen.
Um die Zusammenführung der unterschiedlichen Arbeits- und Erkenntnisweisen zu ermöglichen, die zur Designforschung verwendet werden, wurde ein Methodenlab eingerichtet. In Seminaren und Workshops setzen sich Bachelor- und Masterstudierende des Studiengangs „Integrated Design“ mit Methoden und Medien der Designforschung auseinander. Konkrete methodische Praktiken werden in laborartigen Situationen identifiziert, untersucht und entwickelt.
Im Sommersemester 2020 lag der Schwerpunkt des Methodenlabs auf Arbeitsweisen der reflexiven Ethnografie, auf Open-Source-Rechercheverfahren, gestalterischen Ermittlungs- und Analysetechniken sowie investigativen und forensischen Entwurfsprozessen.
Eine intensive Lektüre einschlägiger Texte aus der Kunst-, Design- und Architekturtheorie, der Wissenschaftsgeschichte und der Ethnologie sowie die Verfertigung eines Glossars von Designforschungspraktiken bildeten den Rahmen des wissenschaftlichen Seminars „Knowing [by] Designing“ im BA-Studiengang. Eine interaktive und kollaborative „Word Map of Design [Research] Practices“ sowie ein Booklet waren die Ergebnisse eines viertägigen Workshops im MA-Studiengang.
Im Sommersemester 2021 lag der Fokus auf Konzepten, Praktiken und Medien einer radikalen Pädagogik in Kunst und Architektur. Untersucht wurden insbesondere Reformansätze aus den 1960er- und 1970er-Jahren, die neue Lernräume der Gestaltung öffneten und materiell wie ideell neue Maßstäbe setzten: Emanzipation statt Tradition, selbstbestimmte Aneignung statt verordneter Vermittlung, Teilhabe statt Ausgrenzung. Das gemeinsame Interesse galt dabei den folgenden Fragen: Wie entsteht Wissen? Warum ist eine Lernumgebung politisch? Wie können gestalterisches Lernen und Hochschulen anders organisiert werden? Welche Räume braucht Entwurfslernen? Welche experimentellen Formen des gestalterischen Lernens und Lehrens wurden in den 1960er Jahren erprobt? Wie können heute designpädagogische Potenziale in städtischen Räumen aktiviert werden? Diesen und verwandten Fragen widmet sich auch ein Glossar des gestalterischen Lernens, das im Rahmen des wissenschaftlichen Seminars „Open Universities. Stadt der partizipativen Visionen“ entstanden ist.